Eine produktive und integrative Stadt nutzt ihre gewachsene Vielfalt, um einen Nährboden für das zu schaffen, was noch kommen kann. Unser Entwurf sucht nach diesen räumlichen Anforderungen für Interaktion und adäquaten Wandel und bildet ein Konzept zur Verknüpfung lokaler Identitäten. Sowohl im großen Maßstab wie auch im Kleinen.
Eine Recherche vor Ort zeigte eindeutig die wachsende Bedeutung des Grundstücks als qualitativ zu entwickelndem Baustein im Umfeld des Bahnhofs. Der Wunsch nach einer neuen Ortsmitte entlang der renaturierten Fils wurde in den Entwurf integriert und bewusst in die Zukunft geschaut. Diese Bedeutung möchten wir durch die Überlegungen zur städtebaulichen Einbettung und der Gestaltung des öffentlich zugänglichen Raums aufgreifen und weiterentwickeln. Sozusagen Uhingen verweben.
Die vorhandene Struktur und gewachsene Vielfalt des Umfeldes zeichnen sich durch eine starke Mischung aus Nutzungen und unterschiedlichen Typologien aus. Durch die sensible Setzung der Baukubaturen können zukunftsweisende Formen des Wohnens, des Arbeitens und des Produzierens in enger Nachbarschaft zueinander entstehen und für weitere Generationen nachhaltig und ökologisch angepasst werden.
Im Sinne des gesamtstädtischen Umgangs mit der Ressource Boden haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, über die vorgegebenen Grundstücksgrenzen hinauszudenken und das direkte sowie weitläufige Umfeld in unsere Überlegungen zu integrieren.
Entstanden ist eine zeitgemäße Neuinterpretation, welche den Raum zwischen Ulmer Straße und Bahngleisen von einer stark befahrenen Verkehrsachse zu einem lebenswerten Stadtbaustein umgestaltet. Durch unterschiedliche Freiräume und vielfältige Raumangebote kann zukunftsweisendes Wohnen und Arbeiten mit erlebbaren öffentlichen Räumen verbunden werden.
Ensemble und Gebäude
An der Schwelle von Innen und Außen setzen wir auf Offenheit und Porosität und ermöglichen im Quartier eine erdgeschossbezogene und erfahrbare Verbindung von Innen und Außen. So wird eine räumliche Dimension geschaffen, die als einladende Geste die Besucher*innen und Nutzer*innen der unterschiedlichen Gebäude zusammenführt.
Die städtebauliche Einbindung erfolgt anhand der unterschiedlichen Nutzungen als teilbare Gebäudeensemble mit Einzelgebäude und fügen sich somit in die umliegende Gebäudekörnung ein. Die Einzelgebäude werden architektonisch qualifiziert ausformuliert für eine eigenständige und adressbildende Identifikationsebene.
Die konisch zulaufenden Freiräume zwischen den einzelnen Baukörpern bilden abwechselnd eine einladende Geste zwischen den Sphären oder erhöhen die Privatheit je nach angrenzender Bebauung und Nutzung. Durch diese Öffnung bilden sich unterschiedliche funktionale Vorzonen aus, welche als Kontakt- und Begegnungszone im Spannungsfeld zwischen öffentlich und privat ausformuliert sind.
Freiraum und öffentliche Orte
Mehrer zueinanderstehende Gebäudetypologien bilden in ihrer Intensität unterschiedlich geschützte Freiräume und öffentliche Orte aus und somit unterschiedliche Zugehörigkeiten auf dem gesamten Baufeld. Diese Freispielbereiche stellen eine Lücke innerhalb einer bewusst dichten Randfüllung dar und versuchen einige Werte der Plätze/Agora wiederherzustellen – insbesondere die wieder zu erlernende Gewohnheit, sich den alltäglich nutzbaren öffentlichen Raum anzueignen.
Seit der Entscheidung für ein Naherholungsgebiet im Filstal und der Entwicklung eines neuen Stadtzentrums hat der Rad- und Fußgängerverkehr an Umfang und Frequenz zugenommen. Dieser Entwicklung wird im neuen Quartier Rechnung getragen, indem die Hauptstraße und die Bahngleise miteinander verbunden werden, um eine zentrale Anbindung mit moderaten Verkehrsmitteln zu ermöglichen.
Der neu entstandene barrierearme Freiraum für Radfahrer und Fußgänger wird ergänzt durch eine Fahrradbrücke, Bike-and-Ride-Anlagen und einen Pedelec-Hub. Durch die Entzerrung der verschiedenen Verkehrsmittel entstehen hochwertige Räume, die sowohl regionale touristische Radwege als auch bestehende und neu angelegte innerstädtische Radwege entlang der Fils integrieren.
Durch die Trennung der verschiedenen Eingangspunkte laden wir Bewohner und Besucher ein, das neu entwickelte Gebiet auf multimodale und atmosphärische, aber dennoch funktionale Weise zu betreten. Dadurch vermeiden wir eine Anhäufung von Aktivitäten an neuralgischen Punkten und verwandeln sie stattdessen in freundliche, einladende Eingänge und Freiräume.
Die umliegenden Flächen im Süden und Westen werden so durch einen großzügig angelegten Freiraumgürtel eingebettet. Zusätzliche Wege auf verschiedenen Ebenen für Radfahrer und Fußgänger verbinden den Norden über das Gleisfeld und schaffen eine neue, landschaftlich geprägte Verbindung zum südlichen Filsufer.
Die ebenen Vorzonen ermöglichen eine Entschärfung der Bewegungsströme, ohne einzelne Akteure zu separieren. Ein öffentliches und gemeinsames Miteinander mit anderen Stadtakteur*innen ist durch eine einfache Entzerrung der Nutzungsdichte gut möglich und schafft unterschiedliche Raumsequenzen für alle Beteiligten. Die Straße, der Vorplatz und die Quartiersplätze werden somit zu einer gemeinschaftlichen urbanen Ebene mit unterschiedlich Raumangeboten und somit zum Mehrwert für das gesamte Umfeld.
Gemeinschaft
Als zentrales Element des Quartiers verweben die unterschiedlichsten Gemeinschaftsorte Nutzer*innen und schaffen Treffpunkte und Verbindungen. Öffentliche und private Räume gehen durch einladende Erdgeschosszonen ineinander über. Vom Bahnhof kommend, bilden eine Gleisbar, ein Kiosk und die Quartiers Bäckerei den Auftakt des großzügigen öffentlichen Freiraums, der das Quartier miteinander vernetzt. Im Zentrum zum Platz orientiert steht das Generationenhaus für einen generationsübergreifenden
Austausch mit Nachbarschaftscafé, Bibliothek und polyvalent nutzbaren Räumen, die sich bis zur Dachterrasse mit Urban Gardening erweitern und diese zum Teil des gemeinschaftlich genutzten Raumes machen.
Arbeiten
Im Sinne der Potentiale des starken Industrie- und Produktionsstandorts in Uhingen bietet der Entwurf Räume für unterschiedlichste Arbeitsanforderungen. Als Hochpunkt entsteht an der Ulmer Straße ein konventioneller Office Cube, im Hub sind Shared Spaces, flexible Büroräume oder Gemeinschaftsbüros vorgesehen und um den Werkhof sind Räume für flexibel umnutzbare Produktionsstätten verortet. Diese können zum Arbeiten, Austauschen, als auch zum Präsentieren und Verkaufen der hergestellten Erzeugnisse genutzt werden. Die optionale Erweiterung des Entwurfes durch einen zweiten Produktionshof ist an die Erschließungsstraße und Quartiersgarage angegliedert und schafft attraktiven Raum für die Transformation der bestehenden Betriebe.
Wohnen
Unterschiedlichste Angebote an Wohnformen runden den Entwurf ab und geben der lebendigen Nutzung adäquate private Rückzugsräume. Durch die im Entwurf konzipierte Umnutzung der Quartiersgarage werden Wohnformen wie Cluster-, Studenten-, Pendler- und Sozialwohnungen geschaffen und gleichzeitig Lösungsansätze für den Umgang mit Ressourcen und der Notwendigkeit kurzer Umbauzeiten formuliert. Die Gebäudegrößen sind auf das Prinzip für genossenschaftliches Bauen optimiert, die durch vielfältige Wohngemeinschaften und eine soziale Durchmischung prägend sind. Diese Baugruppen beleben durch den Austausch mit benachbarten Baugruppen die halböffentlichen Innenhöfe und schaffen eine lebendige Nachbarschaft. Die vorgesehenen Staffelgeschosse erweitern die möglichen Blickbezüge auf den öffentlichen Raum. Die in Nähe zum Bahnhof straßenseitig gelegene Sozialstation ermöglicht Rückzugsorte und öffnet sich bei Bedarf zum Wohnhof.
Der Transformations-Hub als größter und lärmschützender Baustein direkt am Gleisfeld, bietet verschiedene Arten der (Um-)Nutzung und integriert die größten Bausteine wie die 3-Feld Sporthalle und die Quartiersgarage.
Im Fokus der Umnutzung stehen die Parkierungsflächen, die flexibel ausgeweitetr und umgenutzt werden können. Durch die punktuelle Stahlkonstruktion, den drei Meter hohen Geschossdecken und einem großzügigen Innenhof können moderne Wohnformen (Cluster, Gemeinschaft, Studenten, Pendler, etc), wie auch alternative Arbeitsstätten nachträglich realisiert werden, wenn die Parkplätze nicht mehr benötigt werden. Der Übergang zum Freiraum kann schallschutztechnisch flexibel ausgebildet werden.
Das Parkdeck kann durch eine doppelte Markierung auch als Freizeitfläche genutzt werden, eine frei bespielbare Experimentierfläche, die beispielsweise für Open Air oder Urban Gardening und viele weitere Freizeitaktivitäten genutzt werden kann.
Die Tieferlegung der Sporthalle bildet verschiedene Raumebenen und spannende Blickbeziehungen vom Quartiersplatz. Durch diese Verbindung und dem offenen Foyer sind auch multifunktionale Nutzungen in der Halle realisierbar.
Um die Uhinger Ortsmitte zu stärken, wurde bei diesem Entwurf auf einen Vorschlag aus der Bürgerschaft eingegangen, die eine Verlegung der Feuerwehr vorgeschlagen hat, um die Fils zugänglicher zu machen und dort einen neuen Ortskern zu bilden.
Die Erdgeschoss-Ebene der Quartiersgarage hat eine lichte Raumhöhe von 6 Metern und ermöglicht so, mit der optionalen Erweiterung des Quartiers, der Feuerwehr einen neuen Ort mit vorgelegtem Übungsplatz und anliegender Sporthalle.
Retentionsflächen
Die verschieden genutzten Innenhöfe haben eine leichte Einfriedung durch Stufen, welche qualitativ hochwertige und flexible Plätze schaffen und zum anderen Retentionsflächen, die trotz des versiegelten Bodens natürliche Rückhaltebecken ausbilden. Die Retentionsflächen sorgen für eine Abkühlung des Straßenraumes und machen das Quartier auf eine besondere Weise erlebbar. Das Regenwasser wird durch Zisternen, Gründächer und Baumrigolen gespeichert und bei Bedarf wieder abgegeben. Regionale Obstbäume und frei gestaltbare Grünflächen sollen dem Quartier einen eigenen Charakter verleihen und dem Thema Biodiversität Rechnung tragen.